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Die Perle des Südburgenlandes

Hochzeitsgebräuche von Güssing, 1925

- Vom P. Gratian Leser. -

Die Burschen beginnen gewöhnlich in ihrem 18. Lebensjahre das „Fensterin“. Der Bursche lockt durch Pfiffe oder leises Klop­fen am Fenster das Mädchen auf die Gasse, dem das heiratslustige Geschöpf bereitwil­ligst folgt, ist der Wiile des Burschen ernst und erfährt er eine freundliche Aufnahme, dann wagt er sich schon in das Haus und beehrt seine Auserwählte mit häufigen Abendbesuchen mit „in die Feier gehen“. Nach Ubereinkommen mit dem Mädchen, schicken die Eltern des Bräutigams den „Bedmann“ oder „Bittlmann“ zu der Braut Eltern zwecks der Erkundigung, ob sie in die Hei­rat ihrer Tochter einwilligen. (Bittlschaft.) Sobald die Billigung gefunden wurde, wäh­len die Eltern der Brautleute aus ihrer näch­sten Verwandtschaft je einen Beistand. Am Tage des „G’wissmachens“ begeben sich der Bräutigam, sein Vater und die Beistände in das Brauthaus, wo sie über die Art und Höhe der Aussteuer verhandeln. Nach Vereinigung wird der Hochzeitstag und die Liste der zu ladenden Gäste festgesetzt. Eigens will ich beim G’wissmachen die Wahl des Brautführers betonen, der im christlichen Morgen- und Abendlande zu allen Zeiten wohlbekannt ist und früher als eine weit wichtigere Per­son galt als dermalen. So schildern ihn St. Augustin und Goar als einen Ratgeber des Brautpaares in den Geheimnissen des Ehe­standes, als ihren Lehrer über die Pflichten der Eheleute. Ein dem Papste Evaristus zugeschriebener Kanon lässt ihn die Braut während der Brautzeit überwachen. Man ver­glich sein Amt mit dem eines Taufpaten und ordnete ein Ehehindernis zwischen ihm und der Braut an, das heute freilich nicht mehr besteht. Dabei sorgt man für die Braut um eine „Ehrenmutter“, bei uns Hausmutter, die häufig die Taufpatin ist und für den Bräu­tigam um einen „Ehrenvater“ der bei uns Hausvater genannt wird und zu den Nächstverwandten des Bräutigams gehört. Diese zwei Ehrenstellen sind ebenfalls schon im alten Christentum bekannt. Das glücklich erfolgte Eheversprechen schliesst ein gemein­sames Essen und ein festlicher Trunk.

Am frühesten Morgen des zweiten, drit­ten Tages vor der Trauung laden ein oder zwei „Lodner“ oder „Lodmänner“, die am Hut Rosmarinzweige und in der Hand einen mit Blumen und bunten Bändern geschmück­ten Stab tragen, die Verwandtschaft mit fol­genden Worten zur Hochzeit: „Gelobt sei Jesus Christus! Mein lieber Herr Hauswirt und Frau Hauswirtin! Dürft mirs nicht übel nehmen, dass ich euch so früh morgens über­laufen bin. Denn ich bin nicht gekommen aus meinem eigenen Willen, sondern bin ein geschickter Bote vom Herrn Hauswirt N. N. (von den Eltern des Bräutigams oder der Braut) und von Jungherrn Bräutigam N. N. (oder der Jungfrau Braut N. N.) Da die jun­gen Brautleute zwischen einer guten Nach­barschaft, Gevatterschaft und einer guten Freundschaft als fromme Kinder christlich auferzogen und gross gewachsen sind, wollen sie ihr Leben ändern und in den hl. Ehe­stand treten. Der Fisch im Wasser, sucht sich ein Gespan (Genosse, Gehilfe), der Vogel in der Luft sucht sich einen Gespan und so haben sie geglaubt, sie werden sich auch um einen umschauen. Der Mensch braucht Hilfe und Beistand, wenn er auf die Welt kommt, der Mensch braucht auch Hilfe und Beistand, wenn er in den Ehestand tritt. Sie lassen Euch alle grüssen und bit­ten, wie ihre ganze Nachbarschaft, Gevatter­schaft und Freundschaft, ihnen beihilflich zu sein und sie zu begleiten auf allen Wegen und Stegen, auf Strassen und Gassen, durch Licht und Land bis hin des Priester­hand, wo sie den hl. Ehestand empfangen und von dort wieder zurück in ihre Hütte und ihr Haus, wo sie ihren Ein- und Aus­gang haben, wo sie ihr Stücklein Brot ge­niessen werden. Nächsten (Mittwoch) werden sie ein fröhliches Gastmahl bereiten. Sie werden aufsetzen zum erstenmal einen guten Willen, zum 2. mal etwas zum Essen, zum 3. mal ein Glas Wein, zum 4. mal ein lu­stiges Saitenspiel, damit alle Hochzeitsgäste brav lustig sein, zum 5. mal einen Teller Kraut und einen gebratenen Hahn darauf. Dazu seid’s alle eingeladen jung und alt, klein und gross, wie ihr im Hause beisam­men seid. Behüt euch Gott und lasst mich einen guten Boten sein.

Am Vorabend der Hochzeit begibt sich der Bittlmann, Bräutigam, die Kränzler und Kranzeijungfrauen in das Hochzeitshaus (in das Haus der Braut) um die sogenannte Aus­fertigung der Braut abzuholen. Diese besteht gewöhnlich aus 2 Kästen, 1 Nähmaschine, 10 Kopfpölster, 2 Unterbetten, 2 Oberbetten (Tuchet), 10 Bettüchern, 2 Tischtüchern, 1 Dutzend Handtüchern und aus der ganzen Wäsche der Braut. In das obgenannte Haus angelangt, richtet der Bittlmann zum Brautvater folgende Worte: „Möchte bitten den Herrn Hausvater ob es mir erlaubt ist in das fromme Hochzeitshaus einzutreten oder nicht? Möchte bitten den Herrn Hausvater ob es mir erlaubt ist ein paar Schritte vor­zutreten oder nicht? Möchte bitten den Herrn Hausvater ob es mir erlaubt ist ein paar Worte zu sprechen oder nicht? Bitt’ Herr Hausvater ich bin ein geschickter Bote vom Herrn Hausvater N. N. vom Jungherrn Bräu­tigam N. N. und der N. N. Freundschaft. Sie grüssen euch alle und bitten den Herrn Hausvater um eine Truhe Gewand, um ein paar „Birt“ Matratzen und um eine Truhe voll Dollare, damit sich unsere Jungfrau Braut in ihrem neuen Heim wohlauf und gut fühle. Gross bin ich gewachsen, wenig hab ich gelernt, kurz sind meine Worte, der nichts kann, ist auch noch zu was wert“.

Alle die obgenannten Gegenstände wer­den dann auf einen offenen, festlich ge­schmückten Wagen geladen, hinter welchem ausser den Obangeführten noch zwei Frauen gehen oder fahren und in das künftige Wohn­haus geführt. Hier angelangt, richtet der Bittlmann zum Bräutigamvater einige Über­gabensworte, worauf die gebrachten Gegen­stände abgeladen werden, während die zwei mitgefahrenen Frauen das Brautbett herrichten.

Quelle: Text: P. Gratian Leser (Güssinger Zeitung 10. Mai 1925), Bilder: Güssinger Zeitung 10. Mai 1925.

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